Zum Glück nicht angekettet – Neubrandenburg tickt anders als viele vergleichbare Städte, in denen die immergleichen Handelsketten die Einkaufsstraßen prägen. Ein Besuch der Vier-Tore-Stadt lohnt sich aber nicht nur wegen eines ausgiebigen Shoppingbummels.
In welcher Stadt bin ich denn überhaupt, sieht alles gleich aus, überall dieselben Handelsketten! Das kann Ihnen in Neubrandenburg nicht passieren. Sicher, die „Ketten“ sind vorhanden. Aber: Die „Stadt der vier Tore“, so wird die Stadt gern auch genannt, hat über 150 kleine Läden, oft vom Inhaber geführt. Und das bringt Abwechslung. Es lohnt sich also, diese Geschäfte anzusehen. Weil man anders als bei den Ketten nicht weiß, was einen erwartet und womit man überrascht wird.
Stadtbummel mit dem Citymanager von Neubrandenburg

„Das ist das Besondere, das ist, gekoppelt mit dem klassischen Einkaufscenter am Marktplatz, die Stärke von Neubrandenburg“, berichtet Michael Schröder. Der junge Mann weiß ganz genau. wovon er redet. Denn er ist Citymanager der Stadt und Geschäftsstellenleiter der Werbegemeinschaft Innenstadt.
Darum kann Michael Schröder auch gute Tipps geben, wenn man die Neubrandenburger Innenstadt erkunden möchte. Das besondere an so einer Erkundungstour: Der Gast der Stadt kann Sightseeing und vergnügliches Shoppen bestens miteinander verbinden. Das Zentrum des rund 65 000 Einwohner zählenden Ortes befindet sich innerhalb der historischen Stadtmauer.

Sie ist die besterhaltene Stadtbefestigung der Backsteingotik in Europa! Wer also ganz gut zu Fuß ist, kann die 7,5 Meter hohe und 2,3 Kilometer lange Mauer mit ihren vier Toren und 25 Wiekhäusern – das sind in die Mauer gesetzte bildhübsche Häuschen – umrunden.
Nummer-Eins-Tipp vom Oberbürgermeister
Für den Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos), ist das übrigens der „Nummer-Eins-Tipp“ für einen Besuch in der Vier-Tore-Stadt. „Ich empfehle jedem, innerhalb der Stadtmauer und auf dem Wall einen Rundgang zu machen. Man entdeckt dabei immer neue schöne Perspektiven zum Fotografieren“, sagte er 2020 in einem Interview mit dem Nordkurier.


Man kann die ganze Tour aber auch viel gemütlicher angehen. Wer mit dem Auto kommt, sucht sich erstmal einen Parkplatz, zum Beispiel mitten in der Innenstadt unter dem Marktplatz Center. Oder am Ring, auf dem der Autoverkehr rund um das Stadtzentrum geführt wird. Michael Schröder empfiehlt, sich erst einmal einen Überblick von oben zu verschaffen.
Beste Gelegenheit dazu bietet der „Kulturfinger“. So wird der 56 Meter hohe Turm des „Hauses der Kultur und Bildung“ (HKB) genannt, das immerhin der damalige Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht 1965 einweihte. Oben auf dem „Finger“ befindet sich eine Aussischtsplattform und unmittelbar drarunter ein gemütliches Café.

Einkaufserlebnis auf dem Boulevard
Gut entspannt kann es dann losehen. Der Tipp des Citymanagers: eine Stippvisite im „Koi Fashionstore“ in der Turmstraße, dem Einkaufsboulevard der Vier-Tore-Stadt. Im Koi Fashionstore könne man erleben, dass Einkaufen in NB, so wird Neubrandenburg gern abgekürzt, mehr ist, als nur eine Ware zu erstehen. „Dort gibt es Klamotten, aber auch Deko, regionale Spezialitäten, Bücher und ein Café und sogar Liegestühle zum Entspannen“, schwärmt Michael Schröder.
Wen – nach der weiteren Ladenschau zum Beispiel bei Schmuck & Uhren, im Kinderladen oder in der Buchhandlung – langsam der Hunger plagt, kann gern bei „Burger Kult“ einkehren und die Erfahrung machen, dass kräftige handgemachte Burger ganz etwas anderes sind als die pampigen gefüllten Brötchen aus der Fabrik, die in den Ketten aus der Maschine fallen. Weitere Empfehlungen: Im „Ostend“ der Turmstraße lädt „Uns Eck“ mit traditioneller einheimischer Küche, „Doki“ mit Sushi und „Weinander“ mit raffinierten Häppchen und Wein.
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Einkaufscenter beleben die Innenstadt
Direkt am Markplatz, schräg gegenüber vom HKB, steht das Marktplatz Center. „Als es um die Errichtung des Centers ging, befürchteten viele kleine Geschäftsleute, dass damit der Einzelhandel kaputt gemacht wird. Das ist aber nicht so, das Center zieht noch mehr Leute in die Stadt“, erklärt der Citymanager. Die Mischung im Center, durch die der NB-Handel noch bunter wird, macht es.

Doch auch vor der Eröffnung einer Filiale der Modekette H&M im Jahr 2013 und des Marien Carrées (2019) waren viele Menschen zunächst skeptisch, wie Silvio Witt bestätigt. Der Oberbürgermeister erinnert sich: „Als 2013 H&M kam, war die Kritik lautstark, jetzt geht die Innenstadt kaputt. Das genaue Gegenteil ist passiert.“ Das Management zwischen kleinen, mittleren und großen Flächen sei in der Innenstadt gut. „Beim Marien-Carree war ich mir sicher, dass das funktionieren wird. Anders als vorher das Hotel kommuniziert dieses Gebäude mit dem Marktplatz. Es wird lebendiger Handel betrieben“, so Witt weiter.
Italienisches Eis gibt es auf die Hand
Michael Schröder empfiehlt den Besuch des Eiscafés „Venezia“. „Herr Daniello bringt die erfrischende italienische Art in die Viertorestadt.“ Bei Daniello gibt es auch ein italienisches Eis auf die Hand, bevor es ein paar Schritte weitergeht zur Marienkirche, die der Citymanager die „aufregendste Konzertkirche Norddeutschlands“ nennt. Die Backsteinkirche, deren Wurzeln bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen, brannte am 29. April 1945 bis auf die vier Außenwände ab. 1975 begann der Wiederaufbau zur Konzertkirche Neubrandenburg.

Die zwei Millionen teure Orgel wurde der Stadt übrigens vom Neubrandenburger Unternehmer Günther Weber geschenkt! Übrigens kann man für einen atemberaubenden Ausblick per Fahrstuhl auf den 90 Meter hohen Turm fahren und sich noch einmal einen Überblick verschaffen über die Stadt der vier Tore.
Text: Hartmut Nieswandt
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