Den mecklenburgischen Fluss Tollense kann man getrost als Geheimtipp bezeichnen. Wer sich mit dem Boot aufs Wasser begibt, kann weitgehend unberührte Natur entdecken und auf historischen Spuren „wandeln“. Zu erleben ist absolute ländliche Idylle, nah und doch fernab der Zivilisation. Ideal, um mal den Alltag hinter sich zu lassen.

Verwunschen schlängelt sich der schmale Fluss Tollense durch sein Tal. Während teils nur wenige hundert Meter entfernt die Menschen auf der Autobahn 20 mit ihren Autos entlang jagen, herrscht auf der Tollense Idylle pur. Sanft und mit unzähligen Windungen zieht sich das mäandernde Gewässer durch die je nach Jahreszeit sattgrüne Niederung Richtung Peene.

Das Flüsschen Tollense verbindet die Städte Neubrandenburg und Demmin. Foto: Birger Schütz
Das Flüsschen Tollense verbindet die Städte Neubrandenburg und Demmin. Foto: Birger Schütz

Das Ufer säumen üppige Pflanzen, deren wunderschöne Blütenpracht immer wieder variiert. Das Farbenspiel bereichern unzählige Prachtlibellen, die über dem Wasser ihren luftigen Tanz aufführen. Hoch über der ganzen Szenerie zieht ein Adler ruhig seine Bahnen.

Erkunden lässt sich dieser Naturschatz auf der Tollense zwischen Altentreptow und Breest nur vom Wasser aus und das am besten mit dem Kanu, Kajak oder auch dem Stand-up-Boards. Denn an der weitgehend naturbelassenen Tollense führt an dieser etwa 15 Kilometer langen Strecke kein befestigter Weg entlang und nicht einmal hin. Entsprechend ist man auf dem Fluss ganz für sich, na ja, fast. Ein paar Padler nutzen immer gerne die schöne Route für eine Tour.

In Altentreptow startet die Paddeltour auf der Tollense

Stolze 450 Tonnen wiegt dieser Granit-Koloss von Altentreptow. Der Große Stein zählt zu den größten Findlingen Norddeutschlands und ist eine absolute Sehenswürdigkeit des mecklenburgischen Städtchens. Foto: Felix Gadewolz

Als bequeme Einstiegsmöglichkeit bietet sich der Wasserwanderrastplatz in der Fritz-Reuter-Straße in Altentreptow an. Er hat recht gute Parkmöglichkeiten und liegt quasi auf einer Insel, umspült vom Fluss und einem Kanal. Die schöne Altstadt ist nur einen Steinwurf entfernt und in der direkten Nähe finden sich zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Dort kann man sich noch bequem mit Proviant eindecken oder schnell etwas nachkaufen, falls man etwas vergessen hat.

Auf jeden Fall mitnehmen sollte man eine ausreichende Kopfbedeckung, Sonnenschutzmittel und passende Kleidung. Auf dem Wasser holt man sich bei Sonnenschein sehr schnell einen Sonnenbrand oder kühlt bei Regen aus. Im Gepäck haben sollte man auch ausreichend Getränke und etwas zu essen. Denn an der Strecke gibt es keine Einkaufsgelegenheiten und auch keine Möglichkeit, mal einzukehren.

Kajaks und Kanus liegen wähend einer Rastpause an der Tollense: Foto: Tim Prahle
Kajaks und Kanus liegen wähend einer Rastpause an der Tollense: Foto: Tim Prahle

Der unter großen Bäumen gelegene Wasserwanderrastplatz in Altentreptow bietet ausreichend Platz, so dass auch größere Gruppen ihre Boote ablegen und auf die Tour vorbereiten können. Der Einstieg ist über einen gut erreichbaren und stabilen Steg bequem und ohne allzu viel Kraft- und Geschicklichkeitsaufwand zu meistern, was an der Tollense nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Ist das Boot im Wasser, braucht es nur ein paar Ruderschläge bis man den Trubel hinter sich gelassen hat und beim gemächlichen Paddeln mit der Familie oder Freunden die Schönheiten von Fluss und umliegender Natur genießen kann.

Die Tollense, die bei Neubrandenburg entspringt, ist ein ruhiges Gewässer und auch für Anfänger gut zu meistern. Der Fluss hat eine Länge von 63 Kilometer und mündet bei Demmin in die Peene. Die Fließgeschwindigkeit liegt bei geringen 0,5 bis 2 Kilometern pro Stunde, so dass man auch mit Gepäck ohne viel Mühe flussaufwärts paddeln könnte. Bequemer ist es allerdings flussabwärts in Richtung Burg Klempenow. Hier gibt es keine Wehre, ein Umtragen ist nicht erforderlich.

Günstige Unterkünfte finden Sie beispielsweise im Demminer Umland.

Lauf der Tollense von oben. Foto: Birger Schütz
Die Tollense-Tour von Altentreptow nach Burg Klempenow ist 15 Kilometer lang und sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene Paddelfreunde geeignet. Offizielle Möglichkeiten für Zwischenstopps sind rar gesät. Es gibt einen Rastplatz etwa in der Mitte der Strecke.Foto: Birger Schütz

Ideale Tourenzeit ist der Frühsommer

Der Wasserstand ist recht niedrig, so dass ein Erwachsener an den meisten Stellen stehen kann, je nach Jahreszeit kann die Tollense allerdings wenig Wasser führen. Hier heißt es dann Obacht, damit man nicht mit dem Boot aufsitzt. Auch sollte man sich vorab informieren, ob der Fluss nicht verkrautet ist, was vor allem später im Jahr der Fall sein kann. Dann machen einem Krautsperren auf der Tollense das Leben schwer.

Vor allem im Frühsommer sollte man auf dem Fluss aber keine Probleme haben. Hinter fast jeder Windung des Flüsschens gibt es etwas Neues zu entdecken. Seien es Kühe, die neugierig die seltsamen und seltenen Besucher mustern oder unterschiedlichste und farbenprächtige Pflanzenarten am Flussufer und seltene Insekten und Vogelarten wie Eisvögel sowie zahlreiche Fische im Wasser.

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Burgruine Landskron. Foto: Archiv
Die Burgruine Landskron, auch als Veste Landskron bekannt, gilt als Mecklenburgs wohl schönste Burgruine. Sie findet sich 15 Autominuten von Burg Klempenow entfernt. Die Burg wurde nur knapp 100 Jahre genutzt, bevor sie im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde. Danach wurde sie nie wieder aufgebaut. Über die B199 fährt man über Neundorf B oder direkt nach Janow. Am Ortsausgang geht dann direkt zur Burgruine. Foto: Archiv

Blutiges Gemetzel in der Bronzezeit

Wundern darf man sich auch nicht, wenn plötzlich Taucher aus den flachen Fluten emporsteigen. Dabei handelt es sich um Unterwasserarchäologen, die nach Spuren von Europas ältestem bekannten Schlachtfeld suchen und auch schon fündig wurden. In der Bronzezeit – 1250 vor Christus – war das Tollensetal Schauplatz eines blutigen Gemetzels. Hunderte, vielleicht Tausende junge Männer standen sich hier an einem alten Damm gegenüber. Viele fanden den Tod. Davon zeugen Überreste von Knochen, Schwertern, Lanzen, Keulen, Messer und Pfeilspitzen, die schon aus dem Schlick gezogen wurden. 

Von der blutigen Geschichte des pittoresken Örtchens bekommen die Wasserwanderer allerdings nicht viel mit. Die etwa 15 Kilometer lange Strecke zwischen Altentreptow und Burg Klempenow lässt sich je nach Trainingsstand in etwa drei bis vier Stunden bewältigen. Etwa in der Mitte der Strecke befindet sich ein Rastplatz, der allerdings in dem vielen Grün gar nicht so einfach zu finden ist. Viele Paddler legen daher einfach an geeigneten Stellen an, um etwas zu verschnaufen und eine Stärkung zu sich zu nehmen. 

Krönender Abschluss: Blick in eiszeitliche Urstromtäler

Endstation der Tour auf der Tollense ist die Burg Klempenow. Foto: KULTUR-TRANSIT-96 e.V. 
Endstation der Tour auf der Tollense ist die Burg Klempenow. Foto: KULTUR-TRANSIT-96 e.V. 

Vom nahen Ende der Tour zeugt dann schon aus größerer Entfernung der Backstein-Turm der Burg Klempenow, der einzigen erhaltenen Niederungsburg in Mecklenburg-Vorpommern. Die Anlage wurde Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. Im 19. Jahrhundert weitgehend verfallen, ist die Anlage heute ein beliebtes Ausflugsziel, wo auch regelmäßig Kunsthandwerkermärkte, Konzerte und ein mal im Jahr sogar ein Musikfestival stattfindet. Hier hat man auch Möglichkeiten, auf Kaffee und Kuchen einzukehren. Die schöne Badestelle wird gerne und ausgiebig für eine Abkühlung im Fluss genutzt.

An der Burganlage finde sich auch der örtliche Kanuverleih – die Kanustation Klempenow. Hier kam man sich stunden- oder gar tageweise Kanus oder Stand-up-Boards zu mieten. Auch besteht die Möglichkeit, sich je nach Tour gegen Aufpreis mitsamt Boot etwa nach Altentreptow bringen oder von dort abholen zu lassen. Nach vollendeter Tour kann man auch die Chance nutzen, vom Turm einen Blick in die eiszeitlichen Urstromtäler von Tollense und Landgraben zu werfen, bevor es dann wieder zurück in den Alltag geht. Dank der guten Verkehrsanbindung sind An- und Abreise mit Pkw kein Problem.

Wer sich zu den Krautungen direkt informieren möchte, wendet sich an das Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt unter der Rufnummer 0395  380 60.

Text: Mirko Hertrich