Netflix zeigt seit Mai 2023 das Leben von Queen Charlotte – die ihre Kindheit als Prinzessin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz in Mirow verbracht hat. Die Serie „Queen Charlotte: Eine Bridgeton-Geschichte“ hat den Blick der weltweiten Fangemeinde nun auf Mecklenburg Vorpommern gerichtet. Auch tauchen Fragen zu Herkunft und Hautfarbe der Hauptperson auf.

Das Netflix-Geschichtsdrama „Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte“ erfreut sich seit dem Start im Mai 2023 weltweit wachsender Beliebtheit und hat das Augenmerk der Streaming-Community natürlich auch auf Schloss Mirow in Mecklenburg-Vorpommern gelenkt, in dem die Prinzessin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz und spätere englische Königin einst ihre Kindheit verbrachte.

Netflix-Spinoff erzählt die jungen Jahre einer Königin

Anders als bei der vom US-Produzenten Chris Van Dusen geschaffenen Hauptserie „Bridgerton“, die auf Liebesromanen von Julia Quinn basiert, ist deren Prequel eine „Fiktion inspiriert von Tatsachen“, wie gleich in der ersten Folge der Serie zu erfahren ist. Das heißt: Hier wird das wahre Leben von Queen Charlotte in einem opulenten Kostümdrama seriengerecht nacherzählt. So tauchen auch Zeitgenossen wie Wolfgang Amadeus Mozart, der als Wunderknabe mehrmals vor dem Königspaar Queen Charlotte und King Georg III. spielen durfte und der Königin sogar sechs Sonaten widmete, im Laufe der Serie auf.

In der Netflix-Serie Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte" spielt India Amarteifio die Hauptrolle. Foto: StillMoving.net/Netflix
In der Netflix-Serie Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte“ spielt India Amarteifio die Hauptrolle. Foto: StillMoving.net/Netflix, Aufmacherfoto: Liam Daniel/Netflix

In „Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte“ wird Sophie Charlotte zauberhaft verkörpert von der englischen Schauspielerin India Ria Amarteifio und als die angeblich erste schwarze Königin Englands präsentiert. In der Serie soll die 1761 gekrönte 17 jährige Prinzessin aus dem Herzogtum Mecklenburg-Strelitz eine für damalige Verhältnisse überaus tolerante und aufgeklärte Gesellschaft symbolisieren. Zum Vergleich: Der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten Amerikas Barak Obama durfte rund 250 Jahre später ins Weiße Haus einziehen.

US-amerikanische Fans reisen nach Meckpomm

Auch hierzulande hat die moderne Darstellung von Queen Charlotte in den Medien eine Debatte über die Herkunft und Hautfarbe der mecklenburgischen Prinzessin ausgelöst. „Zu der Frage, ob Queen Charlotte tatsächlich schwarze Vorfahren gehabt haben kann, gibt es mehrere Theorien, die für uns nicht zweifelsohne nachvollziehbar sind“, teilen die Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern (SSGK M-V) auf Anfrage mit. „Um eine abschließende Klärung herbeizuführen, müsste eine anthropologische Untersuchung durchgeführt werden“, so Monique Marschalek, Sprecherin der SSGK M-V.

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Schloss Mirow in der Kleinseenplatte (c) Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V
Schloss Mirow in der Kleinseenplatte Foto: Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V

Auf den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Serie bereits positiv ausgewirkt. Übereinstimmend berichteten im Frühsommer 2023 mehrere Medien über einen „Urlaubs-Boom“ (NDR); wonach vor allem US-amerikanische „Charlotte-Fans“ wie vernarrt in das ferne Mecklenburg-Vorpommern und das Örtchen Mirow sind. Das geht laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ aus einer Auswertung des Online-Reisebüros Expedia und der Ferienhausplattform FeWo-direkt hervor. Dabei ist der Netflix-Hit überhaupt nicht auf dem berühmten Schloss der „Mirokesen“ in Meckpomm gedreht worden ist.

Text: sisa

Queen Charlotte war die Tante von Königin Luise

Es folgt ein Auszug aus dem 2018 im Nordkurier-Magazin „Bei uns zuhause“ veröffentlichtem Beitrag über die mecklenburgischen Königinnen Charlotte und Luise.

Queen Charlotte war die Tante von Luise Herzogin zu Mecklenburg, der späteren preußischen Königin. Charlottes Vater Karl von Mecklenburg wurde auch „Prinz von Mirow“ genannt und war ein Halbbruder des in Mecklenburg-Strelitz regierenden Herzogs Adolf Friedrich III.

Im beschaulichen Mirow, über das schon Friedrich II. in Briefen an seinen Vater gelästert hatte. In Anspielung auf die eher rustikale Hofhaltung hatte er von den dort lebenden „Mirokesen“ gesprochen. Erst später, als ihr Bruder Adolf Friedrich 1752 das Herzogtum Mecklenburg-Strelitz erbte, zog die Familie in das größere Neustrelitz.

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Königin Charlotte von England © Thomas Gainsborough, Werkstatt, Königin Charlotte von England, 1781, SSGK, G 232
Königin Charlotte von England © Thomas Gainsborough, Werkstatt, Königin Charlotte von England, 1781, SSGK, G 232

Von da aus schaffte Sophie Charlotte es sogar in die Weltstadt London, und zwar indem sie Königin von England wurde. Dort hatte man, wie Historiker später herausfanden, zunächst nur Spott übrig für die junge Frau aus Mecklenburg. So ist aus Hofkreisen das Bonmot überliefert: „Das Taschentuch ist sehr weit geworfen worden, zu Füßen einer Prinzessin von Mecklenburg. Lord Harcourt soll am
1. August am Hofe ihres Vaters erscheinen, falls er ihn bis dahin gefunden hat“.

Queen Charlotte genoss hervorragende Ausbildung

Lord Harcourt wurde als offizieller Gesandter des britischen Königshauses geschickt, um die Hand Sophie Charlottes anzuhalten und richtig ist: Es sollte eine protestantische Braut aus eher unbedeutendem Herrscherhause sein, um keinen Ärger in Bezug auf europäische Bündnisfragen heraufzubeschwören.

Und umgekehrt war man im Hause Mecklenburg-Strelitz ganz froh darüber, mittels Einheirat in das mächtige englische Königshaus die dominante preußische Verwandtschaft aus Berlin ein wenig auf Abstand halten zu können – war doch Prinz Georg überhaupt erst auf die Prinzessin aufmerksam geworden, nachdem sie sich in einem Brief offiziell beim preußischen König über das Betragen der preußischen Armee in Mecklenburg beschwert hatte.

Ein Brief, der ins Englische übersetzt und gedruckt wurde, und in England einige Berühmtheit erlangte. Sophie Charlotte galt als geistvolle Briefeschreiberin und hatte (im Gegensatz zu Luise) eine hervorragende Ausbildung erhalten. So gehörte unter anderem die Dichterin Friderike Elisabeth von Grabow zu ihren Lehrerinnen, die sogenannte „Sappho von Deutschland“.

Mirower Prinzessin mit den Prinzen William und Harry verwandt

Im Vergleich zu Luise führte Sophie Charlotte ein ruhiges, überschaubares Leben im nicht von kontinentalen Revolutionswirren erschütterten London. Noch auf der Überfahrt über den Ärmelkanal, auf der königlichen Yacht, hatte sie erste englische Wörter und die Nationalhymne gelernt – und mit dem Cembalo durchgespielt. Dann wurde sie Georg III., den sie erst anlässlich der Hochzeit im St. James Palace kennen lernte, eine gute Ehefrau. Und 57 Jahre lang englische Königin.

Queen Charlotte war 57 Jahre lang die englische Königin. © Georg David Matthieu: Königin Charlotte von England, um 1760/70, SSGK, G 179
Queen Charlotte war von 1761 bis zu ihrem Tod im Jahre 1818 die Königin von England. Den gartenverrückten Engländern ist sie nicht zuletzt aufgrund ihrer Verdienste für Botanische Gärten in Erinnerung geblieben. © Georg David Matthieu: Königin Charlotte von England, um 1760/70, SSGK, G 179

Prince Harry ist also einer ihrer direkten Nachfahren. Und die Tochter des Thronfolgerpaares, bestehend aus Prince William und der bürgerlich eingeheirateten Kate Middleton, trägt den Namen von Sophie Charlottes Lieblingsenkelin Charlotte von Wales (1796-1817), die zu ihrer Zeit auch eine Art „Diana“ war, nämlich beim Volke äußerst beliebt.

Eine verwandtschaftliche Verbindung zwischen der tragisch verunglückten Diana Princess of Wales, einer geborenen Lady Spencer, und den mecklenburgischen Prinzessinnen Sophie Charlotte und Luise besteht also mittlerweile tatsächlich auf der Ebene der Nachgeborenen Dianas, der Prinzen William und Harry.

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Queen Charlotte war auch die „Queen of Botany“

Die Leidenschaft Sophie Charlottes galt zu ihren Lebzeiten nicht der Politik, sondern den Pflanzen. Schon als Kind in Mirow hatte sie sich für die Natur interessiert und auch einen guten Lehrer gehabt: den lutherischen Theologen und Gelehrten Gottlob Burchard Genzmer, der sie in Naturphilosophie, Mineralogie und Botanik unterrichtete. Als sie Königin war, wurde im Jahr 1773 sogar eine neu entdeckte Pflanzenart nach ihr benannt: die „Strelitzia reginae“, besser bekannt als Paradiesvogelblume.

Tatsächlich ist den gartenverrückten Engländern ihre Königin Sophie Charlotte vor allem aufgrund ihrer Verdienste um die Botanischen Gärten der Insel in Erinnerung geblieben. Noch zu Lebzeiten hatte man ihr den Titel „Queen of Botany“ verliehen und der Garten ihres Wohn- und Sterbeortes, Kew Palace in London, gilt nach wie vor als einer der schönsten Gärten Englands.

Text: Martin Reichert