Schon Anfang der 1930er-Jahre gab es erste Naturschutz-Initiativen an der Müritz. Eine wichtige Rolle dabei spielt bis heute der „Müritzhof“.

Wer einen Ausflug zum Landschaftpflegehof „Müritzhof“ unternimmt, der mitten im Müritz-Nationalpark liegt, macht auch einen Abstecher in die Geschichte des Naturschutzes. Denn der spielt hier am Ostufer der Müritz nicht erst eine Rolle, seitdem er in den vergangenen 30 Jahren zum großen Thema wurde. Der außerordentlich große Reichtum an Brutvögeln machte das Gebiet bereits Anfang des 20. Jahrhunderts unter Naturfreunden bekannt. Auf Betreiben des Wareners Karl Bartels erfolgte 1931 die Ausweisung einer so genannten Vogelfreistätte.

Im Nordwesten von Deutschlands größtem Nationalpark, dem Müritz-Nationalpark, liegt der Müritzhof. Foto: Igor Heinzel
Im Nordwesten von Deutschlands größtem Nationalpark, dem Müritz-Nationalpark, liegt der Müritzhof. Foto: Igor Heinzel

Allerdings verhinderten Jäger die Eintragung des Schutzgebietes in die Liste deutscher Vogelschutzgebiete. Erst 1949 wurde das 4832 Hektar große Naturschutzgebiet „Ostufer der Müritz“ gegründet. Die Flächen wurden aber weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Ab 1952 jedoch nahm man Teile der Koppeln aus der Bewirtschaftung heraus. So sollte dem seit den 1930er-Jahren beobachteten Rückgang an Brutvögeln entgegen gewirkt werden.

Zentrale Lehrstätte für Naturschutz der DDR

Die jetzt einsetzende Verbuschung bewirkte allerdings das Gegenteil, Brutgebiete gingen verloren. Aus diesem Grund wurde 1959 die Beweidung wieder aufgenommen, seit 1969 kamen skandinavische Fjällrinder zum Einsatz. Neun Rinder dieser widerstandsfähigen Rasse wurden zum Aufbau einer Herde angeschafft. Heute weiden am Ostufer der Müritz mehr als 50 Tiere dieser Rinderrasse, die weltweit zu den vom Aussterben bedrohten Haustierrassen gehört. Besondere Bedeutung erlangte das Gebiet mit dem Umbau der Müritzhofgebäude zur Zentralen Lehrstätte für Naturschutz der DDR.

Auf den Flächen des Müritzhofs weiden neben dem Fjäll-Rind (bekannt auch als schwedische Bergkuh) Gotlandschafe und Shetlandponys. Foto: Igor Heinzel
Auf den Flächen des Müritzhofs weiden neben dem Fjäll-Rind (bekannt auch als schwedische Bergkuh) Gotlandschafe und Shetlandponys. Foto: Igor Heinzel

Diese Einrichtung, die als erste und lange Zeit einzige Schulungsstätte dieser Art in ganz Deutschland am 19.September 1954 den Betrieb aufnahm, machte Müritzhof über Deutschland hinaus bekannt. Die ehemalige Staatsjagd der DDR, die etwa 20 000 Hektar des heutigen Nationalparkgebietes für sich beanspruchte, bezog die Flächen des Naturschutzgebietes 1970 in ihre Bewirtschaftung ein. Das erschwerte die Arbeit der Lehrstätte, die unter Betretungsbeschränkungen zu leiden hatte.

Hier leben widerstandsfähige Tierrassen

Die Wende und ihre Folgen ermöglichten in einem wahren „Husarenstreich“ als letzten Gesetzesakt der zu Ende gehenden DDR die Ausweisung des 322 Quadratkilometer großen Müritz-Nationalparks. Die heute zum Müritzhof gehörenden Flächen wurden Pflegezone. Große Teile des ehemaligen Naturschutzgebietes „Ostufer der Müritz“ bilden heute einen Teil der Kernzone des Nationalparks und unterliegen damit dem höchsten Schutzstatus. Inzwischen werden zur Landschaftspflege auch Gotlandschafe, eine ebenfalls sehr widerstandsfähige Tierrasse, eingesetzt.

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Im nordwestlichen Bereich des Müritz-Nationalparks liegt der 300 Hektar große Landschaftspflegehof Müritzhof. 1993 übernahm die Lebenshiffswerk Waren gGmbH die Gebäude und Flächen. Als Teil einer Werkstatt für behinderte Menschen begann der Aufbau des Landschaftspflegehofes, auf dessen Flächen auch künftig Fjällrinder, Gotlandschafe und Shetlandponys weiden, um den Landschaftstyp der so genannten Hutweide (beweidetes Dauergrünland) zu erhalten. Durch die gezielte Beweidung in Verbindung mit mechanischen Pflegearbeiten wird versucht, die Verbuschung zu verhindern.

Im Gasthof auf dem Müritzhof mit regionaler Küche, Wild- und Fischspezialitäten kann man sich stärken. Foto: Igor Heinzel
Im Gasthof auf dem Müritzhof mit regionaler Küche, Wild- und Fischspezialitäten kann man sich stärken. Foto: Igor Heinzel

Einer der größten Kranichrastplätze des Landes

Dadurch werden zum Beispiel auch für bodenbrütende Vogelarten die notwendigen Lebensräume gesichert. Einer der größten Kranichrast- und Schlafplätze im Binnenland von Mecklenburg und Vorpommerns wird ebenso erhalten. Jedes Jahr im Herbst versammeln sich hier etwa bis zu zehntausend Kraniche, um sich auf ihren Flug in die Winterquartiere vorzubereiten. Auch positiv anzumerken: Die Gebäude des Müritzhofs wurden durchgehend saniert.

Durch die wunderschöne, menschnenleere Landschaft am Ostufer der Müritz rund um den Müritzhof werden Führungen angeboten. Während einer dreistündigen Wanderung ausgehend vom Müritzhof und in Begleitung eines Nationalparkführers erhalten die Teilnehmer einen Einblick in das Gebiet und seine Geschichte. Die Führung über rund drei Kilometer dauert etwa vier Stunden. Im Gasthof auf dem Müritzhof (regionale Küche, Wild- und Fischspezialitäten) kann man sich stärken.

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Es gibt sogar einen vorzüglichen Müritz-Gin

Wichtiger Hinweis für die Besucher: Der Müritzhof ist nicht per Pkw erreichbar. Letzte Parkmöglichkeiten sind die Parkplätze an den Eingangsbereichen zum Müritz-Nationalpark in Federow und Waren. In der Nationalparkinformation in Federow kann man Fahrräder ausleihen und von dort in etwa 45 Minuten den Müritzhof erreichen. Die Fußwanderung sollte gegen 8 Uhr an diesen Eingangsbereichen beginnen, um den Start zur Führung zu erreichen. Eine Kutschfahrt zum Müritzhof kann man telefonisch auf dem Landschaftspflegehof erfragen.

Übrigens: An den stacheligen Wacholder trauen sich Fjällrinder, Ponys und Schafe nicht heran. Hier müssen Menschen helfen, einmal im Jahr laden das Nationalparkamt Müritz und der Landschaftspflegehof Müritzhof zum Arbeitseinsatz ein. Aus den Wacholderbeeren wird „Müritz-Gin“ gebrannt, ein vorzügliches Getränk.

Text: Hartmut Nieswandt