Mehr als 600 Kilometer lang ist der Teil des Ostseeküstenradwegs, der durch Mecklenburg-Vorpommern verläuft. Neben schöner Natur können Radler Zeugnisse der deutschen Geschichte erleben. Eine besondere Tagesetappe führt vom Ostseebad Rerik immer an der Ostseeküste entlang nach Warnemünde. Unterwegs kommt man nicht nur an alten Wachtürmen der Grenzsoldaten vorbei sondern fährt auch durch einen Gespensterwald.
An der Ostseeküste findet man es noch, das Gold des Meeres
Zwei Bundesländer und ein Meer: Der Ostseeküstenradweg beginnt in Schleswig-Holstein, genauer gesagt in Flensburg nahe der dänischen Grenze, führt durch den nördlichen Teil Mecklenburg-Vorpommerns bis ins Seebad Ahlbeck. Dort ist dann schon die polnische Grenze erreicht. Ein kleines blaues Schild weist den Weg entlang der Ostsee. Wer einen Teil der mecklenburgischen Ostseeküste auf dem Rad erleben will, dem sei eine Tagestour von Rerik nach Warnemünde empfohlen.
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Das Ostseebad Rerik ist für Naturliebhaber interessant. Im Norden grenzt es mit einer wildromantischen Steilküste und einem schönen Naturstrand an die Ostsee. Es lohnt sich, die Augen nach Bernstein, dem „Gold des Meeres“, offen zu halten. Im Süden sind auch Strände zu finden. Wer hier baden geht, steigt ins Salzhaff. Durch die Halbinseln Wustrow und Boiensdorfer Werder ist ein fast von der Ostsee abgetrennter Teil der Mecklenburger Bucht entstanden.
Strandflieder, Strandbeifuß und Salzbinsen – Löffelkraut und Erdbeerklee
Ein ideales Gebiet für Segel- und Surfeinsteiger. Die Küste rings um das Haff wird oft überflutet. Das Ergebnis sind Salzwiesen, in denen eine einzigartige Flora und Fauna zu finden ist. Es wachsen Strandflieder, Strandbeifuß, Salzbinsen und Salzstraußkraut, aber auch seltene Pflanzenarten wie Löffelkraut und Erdbeerklee. Die Salzwiesen sind beliebte Brut-, Rast- und Überwinterungsplätze für Wasser- und Wattvögel wie Seeschwalben, Rotschenkel und Kiebitze. Fernglas nicht vergessen!
Von Rerik geht es Richtung Norden über Mechelsdorf nach Bastorf. Auf dem höchsten Punkt der Tour liegt der Leuchtturm Buk, das Wahrzeichen der Gemeinde Bastorf. Er ist topografisch gesehen der höchstgelegene Leuchtturm Deutschlands, mit seinen 20,8 Metern Turmhöhe aber eher klein. Das Leuchtfeuer ragt trotzdem gut 95 Meter über den Meeresspiegel, damit es auch über weite Strecken sichtbar ist. Bis zu seiner Errichtung 1876 stand der nächste Signalturm in westlicher Richtung in Travemünde und in östlicher Richtung in Darßer Ort.
Einer der ersten Leuchttürme mit elektrischem Licht
Die lang gestreckte Sandbank namens Hannibal vor der Wismarer Bucht etwa konnte mit ihnen nicht angezeigt werden, deshalb nahm der Leuchtturm in Bastorf 1878 seinen Betrieb auf. Damals noch mit einem Petroleumdocht befeuert, erstrahlte er bis auf 18 Seemeilen auf die Ostsee hinaus. 1912 bekam der Buk als einer der ersten Leuchttürme an der Ostseeküste elektrisches Licht. Knapp 70 Jahre später wurde das Leuchtfeuer automatisiert. Ein Leuchtturmwärter sitzt dort heute also nicht mehr, das Bauwerk kann aber in der Zeit von 11 bis 16 Uhr für einen Eintrittspreis von 2,50 Euro besichtigt werden.
In Bastorf lohnt sich ein Abstecher auf den Gutshof. Im Restaurant und Café lässt es sich gut verweilen, im Hofladen in der alten Scheune gibt es Bio-Lebensmittel aus der Region sowie auf dem Hof hergestellte Marmeladen und Bonbons. Typisch für die Ostseeküste sind Produkte aus Sanddorn, die hier angeboten werden: Liköre, Tees, Säfte, Cremes und mehr. Das perfekte Mitbringsel für Daheimgebliebene!
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Entlang einer Nebenstraße geht es dann weiter nach Kühlungsborn, ins größte Seebad Mecklenburgs. Ostsee-Flair und die einzigartige Bäderarchitektur erleben Besucher am besten bei einem Spaziergang entlang der mehr als vier Kilometer langen Uferpromenade. Radfahren ist da allerdings nicht erlaubt.
Wer also direkt weiter möchte, muss einen Parallelweg entlang radeln. Auf dieser Strecke liegt auch ein bedrückendes Geschichtszeugnis: der Ostsee-Grenzturm von Kühlungsborn. Zwischen 1961 und 1990 war in dem Seebad eine Kompanie der DDR-Grenzbrigade Küste stationiert. Sie sollte Fluchtversuche von DDR-Bürgern verhindern. Ziele waren die 40 Kilometer entfernte Küste der BRD, von Dänemark, Schweden und Schiffe auf See.
Nach Heiligendamm geht es durch den Gespensterwald
Zwar kamen damals auch schon viele Urlauber in die Ostseebäder, fast 40 Jahre lang herrschten dort aber strenge Regeln und Meldepflichten. Mehr als 20 Wachtürme standen entlang der Seegrenze. Lediglich zwei von ihnen sind heute noch erhalten: der in Kühlungsborn und der in Börgerende. Letzterer steht ebenfalls an der beschriebenen Radroute. Begehbar ist aber nur der Kühlungsborner. Er wurde 1972 errichtet. Von der 15 Meter hohen Kanzel aus konnten die Grenzsoldaten das Seegebiet bis zu 12 Seemeilen weit absuchen.
Jede verdächtig erscheinende Bewegung wurde protokolliert, über Funk wurden dann Grenzschiffe oder Landeinheiten verständigt. Den Arbeitsort der Grenzsoldaten können Besucher heute besichtigen und in einer Ausstellung sind Fluchtversuche dokumentiert. Beispielsweise die Geschichte von Peter Döbler, der 1969 schwimmend nach 25 Stunden die Insel Fehmarn erreichte. Er hatte Glück und wurde nicht entdeckt, viele andere Fluchtversuche endeten allerdings tragisch mit der Verhaftung oder sogar mit dem Tod.
Nach dem Gespensterwald kommt die Steilküste
Auf der Strecke geht es dann direkt nach Heiligendamm, entlang der Küste nach Börgerende und weiter nach Nienhagen. Vor dem Ort liegt der sogenannte Gespensterwald. Wer hineinfährt, kann verstehen, warum er diesen Namen trägt. Gespenstisch ragen dort die Bäume in den Himmel. Sie sehen nicht wie die anderen bekannten Buchenwälder in Mecklenburg-Vorpommern aus und werden auch nicht so alt wie ihre Artgenossen im Land. Denn an der Küste bei Nienhagen sind die Buchen extremen Bedingungen ausgesetzt: Hohe Sonneneinstrahlung führt zu Sonnenbrand ähnlichen Schäden an der Rinde. Hinzu kommen schlechte Bodenverhältnisse und starker Wind, dem die Bäume ausgesetzt sind.
Das ist aber nicht das einzige Natur-Highlight, mit dem Nienhagen aufwarten kann. Auch die Steilküste des Ortes ist atemberaubend schön. Östlich des Ortes befindet sich ein Aussichtspunkt mit einer Treppe, die hinab auf den Strand führt. Es ist allerdings Vorsicht geboten: Besonders nach Regen, Frost, Sturm oder Hochwasser kann es zu Abbrüchen, Rutschungen oder Steinschlägen kommen. Das gilt auch für andere Streckenabschnitte, die entlang der Steilküste führen. Hinweis- und Warnschilder sollten auf jeden Fall ernst genommen werden.
Die Tour führt weiter Richtung Osten und endet in Warnemünde, am bekannten Teepott neben dem Leuchtturm. Zahlreiche Restaurants und Cafés bieten dort ein vielfältiges Angebot für einen entspannten Ausklang des Tages. Susann Moll
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