Berühmte Persönlichkeiten haben im brandenburgischen Städtchen Neuruppin das Licht der Welt erblickt. Dazu gehören die bedeutendste Lyrikerin der DDR, ein preußischer Baumeister des Klassizismus und Historismus sowie der berühmte Schriftsteller, dessen Namen die Fontanestadt heute trägt.

Liebeserklärung einer Lyrikerin an ihre Geburtsstadt Neuruppin

„Rotdorn meiner Kinderjahre | Unterm roten Rotdorndach
Bin ich ein und aus gegangen | Und der Rotdorn ging mir nach
Roter Rotdorn meiner Kindheit | Straßenbaum der kleinen Stadt
Die ich liebte, die mich liebte | Die mich aufgezogen hat.“

Warum sollte man den Ausflug in eine Stadt voller Poesie nicht mit Poesie beginnen? Neuruppin, bekannt als Fontanestadt. Schließlich wurde der große märkische Dichter Theodor Fontane hier als Sohn des Apothekers im Jahr 1819 geboren. Neuruppin hat aber auch eine Dichterin, 1930 wurde Eva Braun in der märkischen Stadt geboren, als Eva Strittmatter wurde sie später bekannt. Schon in der DDR war sie die meist gelesene Lyrikerin – und auch heute ist die 2011 verstorbene Poetin die meistgelesenen Lyrikerin deutscher Sprache. Sie schrieb die ober zitierten Zeilen als Liebeserklärung an ihre Geburtsstadt.

Blick vom Kirchturm auf den 14 Kilometer langen Ruppiner See. Foto: Hartmut Nieswandt
Blick vom Kirchturm auf den 14 Kilometer langen Ruppiner See. Foto: Hartmut Nieswandt

Ab 1954 lebte die studierte Germanistin gemeinsam mit dem Romancier Erwin Strittmatter ganz in der Nähe in Schulzenhof bei Gransee. Ihr Leben an der Seite des großen Schriftstellers als Beraterin, Hausfrau, Landfrau und Mutter von vier Söhnen war nicht einfach. Sie packte ihre Sorgen und Nöte in heimliche Gedichte. Die Form ihrer Gedichte besticht durch Einfachheit und Klarheit.

Sie veröffentlichte mehr als ein Dutzend Gedichtbände, Prosa und Kinderbücher, erhielt große Auszeichnungen. Vor ihrem Geburtshaus, dem Schlossgarten in Neuruppin, wurde 2012 eine Gedenktafel aufgestellt und ihr zu Ehren dieser Rosengarten „Eva-Strittmatter-Platz“ genannt. Hier treffen sich jährlich zum Geburtstag Eva Strittmatters am 8. Feburar Freunde und Leser ihrer Werke.

Seit 1998 ist Neuruppin offiziell die Fontanestadt

Das Theodor Fontane-Denkmal. Foto: Hartmut Nieswandt
Das Theodor Fontane-Denkmal. Foto: Hartmut Nieswandt

Der rund 30 000 Seelen zählende Ort Neuruppin ist die Kreisstadt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin im Norden des Landes Brandenburg. Und seit 1998 offiziell Fontanestadt. Mit seiner Geburtsstadt verband den Romancier eine Art Hassliebe. Er fuhr hin und wieder nach Neuruppin, um Mutter und Schwester oder Bekannte zu besuchen. Diese Besuche verband der inzwischen freie Journalist und Schriftsteller mit Recherchen zum ersten Band der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.

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Auch ein großer Sohn der Stadt: Karl Friedrich Schinkel, der bedeutendste Architekt des deutschen Klassizismus, erblickte am 13. März 1781 in Neuruppin das Licht der Welt. Seine Kinderjahre erlebte Schinkel in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem großen Stadtbrand von 1787. Der künstlerisch veranlagte Junge hat in Neuruppin Anregungen für seine berufliche Entwicklung erhalten. Als Baurat nahm Schinkel entscheidenden Einfluss auf die Architektur des Berliner Zentrums.

Denkmal für den in Neuruppin geborenen Baumeister Schinkel. Foto: Hartmut Nieswandt
Denkmal für den in Neuruppin geborenen Baumeister Schinkel. Foto: Hartmut Nieswandt

1256 erhielt Neuruppin das Stadtrecht. Das idyllische Städtchen liegt am längsten See Brandenburgs, dem 14 Kilometer langen Ruppiner See. Am besten erkundet man die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten bei einem Rundgang von der Seeprommenade aus. Dort befindet sich die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Nach der Reformation 1517 verlor das Dominikanerkloster seine Funktion und wurde abgerissen. Nur die Kirche blieb erhalten.

Klosterkirche ist das Wahrzeichen der Stadt

Nach Entwürfen des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel erfolgte von 1836 bis 1841 eine umfangreiche Restaurierung der Klosterkirche. Die beiden 63 Meter hohen Türme, die sie zum Wahrzeichen der Stadt gemacht haben, wurden aber erst von 1904 bis 1907 errichtet. Sehr empfehlenswert: Man kann einen Kirchturm relativ bequem besteigen und dann den Blick auf Neuruppin und den Ruppiner See genießen.

Die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Die Türme messen jeweils 63 Meter Höhe, einen kann man besteigen. Foto: Hartmut Nieswandt
Die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Die Türme messen jeweils 63 Meter Höhe, einen kann man besteigen. Foto: Hartmut Nieswandt

Direkt an der Stadtmauer neben der Klosterkirche wächst die 700 Jahre alte „Wichmannlinde“, unter der sich das Grab des Legenden umwobenen Paters Wichmann befinden soll. Und auch das fällt ins Auge: Die 17 Meter hohe Stahlskulptur „Der Parzival am See“ stammt von Matthias Zágon Hohl-Stein. Sie wurde 1998 anlässlich der Verleihung des Namens „Fontanestadt“ an Neuruppin enthüllt.

Matthias Zágon Hohl-Stein stellt seinen Parzival als „Antiritter“ dar, er steht für ein neues Neuruppin, ohne Garnison… Vom Ruppiner See aus gelangt man stadteinwärts in den ältesten Teil Neuruppins. Die Fachwerkhäuser und Straßen rund um die Klosterkirche wurden vom großen Stadtbrand von 1787 verschont. Heute ist der Platz ein beliebter Treffpunkt und Zentrum der Altstadt.

Das denkmalgeschützte Alte Gymnasiums Neuruppins. Hier lernten auch Theodor Fontane und Eva Strittmatter. Foto: © ebenart – stock.adobe.com
Das denkmalgeschützte Alte Gymnasium von Neuruppin. Hier lernten auch Theodor Fontane und Eva Strittmatter. Foto: © ebenart – stock.adobe.com

Das Alte Gymnasium besuchten Schinkel, Fontane und Strittmatter

Entlang der Stadtmauer erreicht der Besucher den Teil der Stadt, der Neuruppin zu einem städtebaulichen Gesamtdenkmal des Frühklassizismus macht. Hier am sogenannten „Paradeplatz“ wird die Rolle Neuruppins als preußische Garnisonsstadt deutlich. Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1787 befahl König Friedrich Wilhelm II., den Wiederaufbau Neuruppins aus der Staatsschatulle zu finanzieren. So entstand die Stadt in weniger als 20 Jahren neu – mit breiten Straßen, zweietagigen Häusern und den drei großen Plätzen.

In der geografischen Mitte der Stadt steht nicht – wie sonst üblich – eine Kirche, sondern im Sinne des Zeitalters der Aufklärung eine Schule: das 1790 nach dem Stadtbrand errichtete Alte Gymnasium, das den Grundriss einer barocken Schlossanlage hat. Das Alte Gymnasium besuchten zum Beispiel Karl Friedrich Schinkel, Theodor Fontane und Eva Strittmatter. Das Alte Gymnasium ist heute das kulturelle Zentrum der Fontanestadt. Es beherbergt die Stadtbibliothek, die Kreismusikschule, die Jugendkunstschule sowie die Medizinische Hochschule Brandenburg.

Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude am Bahn-Haltepunkt Rheinsberger Tor stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Foto: Hartmut Nieswandt
Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude am Bahn-Haltepunkt Rheinsberger Tor stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Foto: Hartmut Nieswandt

Neuruppin ist per Bahn von Berlin-Gesundbrunnen und Löwenberg aus gut zu erreichen. Mit dem Auto kommt man am schnellsten über die Abfahrt Neuruppin der A 19 in die Stadt.
Text: Hartmut Nieswandt