Vor 500 Jahren war Mecklenburg ein Zentrum der Hexenverfolgung. Auf Burg Penzlin ist das Grauen im Hexenkeller bist heute nachvollziehbar.
Die meisten Leute fahren auf der Umgehungsstraße einfach an Penzlin vorbei. Die gewaltige Kirche thront wie eine große Glucke über der kleinen Stadt an der B 192 zwischen Waren (Müritz) und Neubrandenburg – aber sonst? Warum sollte man hier anhalten? Zum Beispiel wegen Benigna Schultzen, die 1699 in Penzlin das Licht der Welt erblickte und auf der Burg Penzlin 1711 sieben Meter unter der Erde zu Tode gefoltert wurde. Todesfolter in Penzlin, so einem unscheinbaren Städtchen?
Einst war ganz Europa im Hexenwahn
Ja, denn hier wurde im Jahr 1560 ein so genannter Hexenkeller gebaut – ein Folterverlies, sieben Meter unter dem Erdboden, in dem unzählige Menschen gequält wurden. Europa erlebte damals den grausamen Höhepunkt des Hexenwahns. Allein in Mecklenburg und im angrenzenden Vorpommern wurden von 1336 bis 1777 schätzungsweise 4000 Prozesse geführt, 2000 Menschen verurteilte man zum Tode. Eine von ihnen war Benigna Schultzen.
Burgen. Otto Normalverbraucher denkt dabei an das Rheinland, wo sich hoch über dem Strom eine Feste an die nächste reiht. Aber hier in der Mecklenburgischen Seenplatte? Der Otto Normalverbraucher, für den Flachland und Tiefland das gleiche sind, würde nie eine Burg in Mecklenburg vermuten. Aber es gibt sie – wie in Penzlin, wo die Burg auf einem hohen Hügel über der Stadt thront. Und genau dort, in der heute bestens gepflegten Anlage, erfährt der Besucher Interessantes, Erschütterndes, Grausames über Benigna Schultzen und ihre Leidens- und Todesgefährten.
Burg Penzlin steht für ein düsteres Kapitel
Hier mitten im Mecklenburg steht diese alte Burg für ein düsteres Kapitel der Geschichte, das unzähligen Menschen, vor allem Frauen, Leid und Tod brachte – es geht um Hexen und Folter. Tief unter der Erde der Penzliner Burg konnte niemand die Schreie der gepeinigten Seelen hören. Der Prozess, in dem Benigna Schultzen der Hexerei beschuldigt wurde, soll zwölf Jahre gedauert haben…
Die Burg Penzlin stammt aus dem 13. Jahrhundert. In der ansehnlichen Anlage aus rotem Backstein gibt es heute das „Hexen-Museum“. Das Hexenverlies sieben Meter unter der Burg ist gut erhalten. Ebenfalls in gutem Zustand sind der Palas, die ehemalige Toranlage, der Burghof, Teile der Ringmauer, der Graben und Teile der Vorburg. Heute beherbergt der Hauptbau das Museum.
Das mecklenburgische Städtchen Penzlin ist nicht nur wegen der Burg eine Reise wert. Unterkünfte finden Sie hier
Der Hexenkeller war Schauplatz grausamer Gewalttaten
Neben vollständig restaurierten Räumen wie der mittelalterlichen Küche (Schwarzküche, „Hexenküche“) gibt es die Möglichkeit, Folterkammer und Hexenkeller anzusehen. Das ist nichts für schwache Nerven und ebenso nichts für Kinder. Folterkammer und Hexenkeller waren Schauplatz grausamer Gewalttaten im Namen des Glaubens, genau hier wurden Menschen gequält und getötet.
In diesen Kellern erwarten den Besucher Themen wie „Nur die im Dunkeln sieht man nicht. Geheimversteck der Hexentiere“, Der Fall Benigna Schultzen aus Penzlin (1699-1711), Hexenwandverliese und Nachrichten des Penzliner Chronisten Danneil. Und im Obergeschoss des Museums geht es zum Beispiel um Hexenjustiz, Hexenfurcht, Gerüchteküche, Penzliner Hexenprozess, Anklagen und Prozessfolgen, Mecklenburgische Sagen, Brunnen und Herd – magische Funde, Konstrukt Hexe – Kunst- und Ideengeschichte vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, Hexenwelten des Künstlers Ernst Barlach (1870 bis 1938), Erzählte Hexenprozesse.
Öffnungszeiten: Mai bis August täglich von 10 bis 18 Uhr; April, September, Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr; November bis März sonnabends und sonntags 13 bis 16.30 Uhr. Gruppenführungen sind nach Vereinbarung auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Weitere Informationen: 03962 210494, www.alte-burg.amt-penzliner-land.de Penzlin ist über die B 192 gut von Waren (Müritz) oder Neubrandenburg aus zu erreichen, von Berlin aus geht es über die B 96 und die B 193 nach Penzlin. Zwischen Waren, Penzlin und Neubrandenburg bestehen regelmäßig Busverbindungen. Hartmut Nieswandt
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